Para News: Wie verlief deine Karriere im Pferdesport?
van Till: Ich war 20 Jahre im Reitsport aktiv. Im Nachwuchskader träumte ich von Olympia. Auch nach dem Reitunfall am 30. Juni 2008 und der Zeit im Koma bin ich im Parasport in diesen Sport zurückgekommen. Das Pferd wurde zu meinem besten Freund und hat mir nach diesem Schicksalsschlag enorm Halt gegeben. 2010, zwei Jahre nach dem Unfall, habe ich im Para- und auch Regelsport meine ersten internationalen Wettkämpfe bestritten. 2016 habe ich an den Paralympics in Rio de Janeiro teilnehmen können. [Van Till hat den 13. Rang belegt].
Nachdem Reitsport bist du in die Leichtathletik gewechselt. Was hast du über diese Zeit zu sagen?
2018 bin ich in die Leichtathletik gewechselt. Zuerst war ich auf den längeren Distanzen aktiv, aber PluSport hat mich mehr auf die Sprintdistanzen bringen wollen. Mein Ziel waren die Paralympics in Tokio und ich habe eigentlich auch die B-Limite erreicht. Dann hatte ich aber im Training anfangs 2021 einen neuerlichen Sturz. Gesundheitlich habe ich mit dem Wettkampfsport in der Leichtathletik aufgehört.
Was hast du in den Monaten nachdem Unfall 2021 gemacht?
Vier Monate später, Mitte 2021 konnte ich wieder Sport treiben und bin im September am Genfer Triathlon gestartet. Die Radstrecke habe ich mit einem Liegevelo zum Treten absolviert. In der Folge wollte ich einen Para-Triathlon machen und habe ein Rad gesucht. Deswegen habe ich PluSport angerufen und habe näheren Kontakt zu Nationaltrainer vom Para-Cycling Dany Hirs bekommen.
Dann hat die Radkarriere begonnen…
Ich habe ein Dreirad übernehmen können und habe Ende 2021 beschlossen in den Radsport einzusteigen. Das habe ich im Januar veröffentlicht. Da ich in der Leichtathletik ein hervorragendes Team hatte, konnte ich das nur aktivieren und nicht musste nicht alles neu aufbauen. Dany Hirs hat mir gesagt, dass ich das Potential für tolle Leistungen habe, stand aber anfangs April ohne wirkliche Anhaltspunkte in der Toskana am Start meines ersten Rennens. Da ich die einzige Athletin war, konnte ich, auch nachdem Rennen noch nicht wirklich sagen, wo ich stehe.
Am Weltcup in Ostende folgte der erste Podestplatz und in Elzach gleich zwei Siege. Was hat das bei dir ausgelöst?
Ostende war die erste richtige Standortbestimmung und ich habe gemerkt, dass ich mit den besten Fahrerinnen mitfahren kann. Das Zeitfahren bergauf in Elzach ist mir voll entgegengekommen und ich habe meine Stärke am Berg voll ausspielen können. Der Sieg im technisch schweren Strassenrennen kam dann schon viel eher überraschend. Spätestens jetzt habe ich gesehen, dass an der EM alles möglich sein könnte.
Was hast du gedacht, als du im Training die EM-Strecken gesehen hast?
Trotz den technischen Schwierigkeiten hatte ich sofort ein gutes Gefühl und wusste, wie ich fahren muss. Die Strecken in Österreich haben mir, unabhängig von den Erfolgen, bisher am besten gefallen. Die Runden waren mit den Kurven und den abwechslungsreichen Streckenteilen sehr interessant.
Hast du das vor zwei Monaten erwartet?
Wie angetönt hatte ich gar keine Erwartungen. Ich habe mir keinen Druck gemacht und wollte nur Spass haben. Das gilt auch für die kommenden Rennen. Kenntnisse von früher helfen enorm und ich weiss was es braucht.
Was steht diese Saison noch an?
Nach einer kleinen Pause steht Ende Juni die Schweizermeisterschaft in Steinmaur auf dem Programm. Anfangs August geht es in Quebec, Kanada, an den letzten Weltcup des Jahres, wo ich mein Weltcup-Leadertrikot verteidigen will. Direkt anschliessend steht die Weltmeisterschaft im kanadischen Baie-Comeau an. Die Medaillenchancen sind auf jeden Fall intakt.
Foto: Sam Buchli