Jahn Graf: „Wir müssen beginnen den Parasport als Spitzensport anzusehen“

Mit seinen Podcasts in der Reihe „Jahns rollende Welt“ ist Jahn Graf daran ein Standbein aufzubauen. Richtig bekannt ist er als Moderator des Magazins zu den Paralympics auf SRF geworden. Er äussert sich dezidiert zum Stand des Parasports in der Schweiz.

21. Jul. 2022

Der zerebral gelähmte Jahn Graf war Teil der von Renato Kaiser moderierten Sendung „Tabu“, in der Tabuthemen thematisiert wurden. Der Redaktor dieser Sendung hat die Leitung der Berichterstattung rund um die Paralympics bekommen und wollte etwas Neues machen. So entstand die Anfrage, ob er das Magazin moderieren möchte. „Ich habe Ja gesagt, weil ich zu allem was ich noch nie gemacht habe, mal Ja sage.“ So habe sich das entwickelt, erklärt Graf die Anfänge. 

 

Ein Schicksalsschlag verändert die Blickweise 

Jahn Grafs Weg in den Journalismus war kein einfacher. Nachdem Besuch einer Sonderschule gab es nur die Varianten Büro oder Werkstatt, da die Suche nach einer Lehrstelle schwer bis unmöglich geworden ist. „Ich habe mich für das Büro entschieden, da es geheissen hat, dass ich kognitiv fit sei. Hätte ich gesagt, ich will in den Journalismus oder gar ins Fernsehen, hätte man mich ausgelacht“, schildert Graf seine Ausbildung. 

 

Vor sieben Jahren hatte Graf eine schwere Nierenoperation und eine kleine Nahtoderfahrung. Daraus hat er einen Entschluss gefasst: „Das ist eine zweite Chance und jetzt schütteln wir das Leben und Schauen was drinbleibt“, beschreibt er die Zeit ab 2015. In seinen Berichten sehe man, dass er schon immer ein Redebedürfnis gehabt habe und daraus entstand schlussendlich der Youtube-Podcast-Kanal, der es heute ist. „Die Leute müssen mich interessieren“, sagt Graf auf die Frage, wie er den seine Interviewpartner auswählt und fügt hinzu: „Anders als am Anfang mache ich die Interviews für mich und stelle sie auf meinem Kanal der Öffentlichkeit zur Verfügung. Seither läuft es auch besser.“ 

 

Der Schweizer Parasport an einem entscheidenden Punkt

Die Entwicklung des Parasports in der Schweiz sieht er differenziert und durchaus kritisch. In den 1990er und anfangs der 2000er ist der Parasport von der Schweiz dominiert worden, gerade in der Leichtathletik mit Hunkeler-Wolf, Frei und Nietlispach. Dann hat es einen Quantensprung gegeben. Andere Nationen wurden besser und wenn man mit Athletinnen und Athleten spricht, würden immer wieder die Paralympics 2012 in London als Wendepunkt bezeichnet. „Die Briten haben mit ihrem Humor und Haltung dem Event enorm viel Schub gegeben“, ist sich Graf sicher. 

 

„Gesellschaftlich muss man beginnen den Parasport als Spitzensport zu sehen. Dies gilt vor allem auch berufstechnisch, um die Zeit zu haben den Sport auszuüben. Dieses Bewusstsein muss an vorderster Front durch die Medien vermittelt werden. So kommen Sponsoren und Gelder in den Sport, was einen Kreislauf in Gang setzt“, sieht Graf den Stellenwert des Parasports im Jahr 2022. Da gebe es noch einigen Aufholbedarf. „Die besten Verkäufer sind und bleiben die Sportlerinnen und Sportler selbst. Das machen sie aber schon gut.“  Daher sei die Schweiz im Parasport an einem wichtigen Punkt angekommen.

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